Lamentations

Alicja Wysocka

2021 | Video, Keramik, Fliesen, Heu, Mineralwasser, Badewanne, Bettlaken, Fahrradschläuche | 11.12.2021 – 12.02.2022

She had a smile made with a marker
my mum cut her out
and her hands did attach
and her belly filled with rugs


I was a bit afraid of her
she had white sheet face because she was Lady Winter
so she was bad
white cold sheet dress


I don‘t remember but
They went by the river
They set her on fire and threw her into the river
Her head roll off the stick


White sheet became brown
Paper hands dissolved in the water
Outspread
Did they scream for help?


Here Morana was
fertility and harvest goddess back in the days
of the cycle of rebirth and death
What did they do to her?


Oh Morana, poor Morana
Oh Morana, poor Morana
we will undrown you
we anoint you


Oh Morana, poor Morana
Oh Morana, poor Morana
we will undrown you
we anoint you


Text by Alicja Wysocka

Mit einem vorchristlichen Ritual wird in Osteuropa traditionell die Kälte des Winters verabschiedet und die ersten, zaghaften Zeichen des Frühlings werden begrüßt. Die slawische Göttin Morana – sie steht für die Wiedergeburt, für den Traum und das Leben nach dem Tod – ist zentrale Figur dieser rituellen Handlung. Sie wird durch eine Puppe verkörpert, die, mit Alltagsgegenständen geschmückt, ertränkt wird.

Im Video Lamentations sind drei Frauen zu beobachten, die gemeinsam ein Bad nehmen und dabei Handlungen der Hingabe, der rituellen Reinigung und der Pflege an sich vollziehen. Szenen der Freude treffen auf Motive wie das eines Kreuzes aus Schlamm, das über einer Wirbelsäule gezogen wird, oder eines Gesichts, das unter der Wasseroberfläche verschwindet. Handgemachte Keramiken dienen dabei als Kultobjekte und erinnern an Votivformen wie Fische, Kreuze und gewundene Kelche, die das heidnische Ritual begleiten.

Alicja Wysocka versteht dieses Ritual als Heilung von Moranas Trauma, mit dem sie auch ihr persönliches postchristliches Trauma zu heilen versucht – jenes der Taufe als neugeborenes Kind. Das Trauma und der Schmerz der Slawen, die sich dem Untergang slawischer religiöser Vorstellungen und der Zwangschristianisierung widersetzten, sind diesem Trauma-Reenactment mit eingeschrieben.

Olivia Berkowicz, freischaffende Kuratorin und Autorin

Alicja Wysocka
Geboren in Polen, studiert derzeit an der Städelschule in Frankfurt am Main. Alicja erforscht alternative ökonomische Modelle und Formen der Koexistenz zur Bildung von Gemeinschaft, wie handwerkliche Tätigkeiten und andere Arten gemeinschaftlicher Aktivitäten als auch Rituale, die als kollektive Erfahrung durch ihre schöpferischen Eingenschaften therapeutische Wirkung entfalten.

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