Among the Bone Swallowers

Maan Barua

2024 | 2 Kanal Video, 8.46 min, Fotografien Digitaldruck | 14.09. - 30.11.2024

Diese Ausstellung findet in Kooperation mit dem Kunstverein Neuhausen im Rahmen der Ausstellung DESERTIFICATION statt und ist Teil einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Art, Science and Buisness Programms der Akademie Schloss Solitude und dem Offspace kunst [ ] klima.

Among the Bone Swallowers

Diese 2-Kanal Videoarbeit beschäftigt sich mit einem zugrundegehenden Fischmarkt in Guwahati, der ausgebaut werden sollte. Das Marktgebäude blieb jedoch fast zehn Jahre lang unvollendet. Die Anwohner nutzten das Gebäude für ihre eigenen Zwecke, und einige wenige verbliebene Händler unterhalten ihre Geschäfte weiterhin. Der in einem Feuchtgebiet gelegene Markt dient dem weltweit gefährdeten Großen Adjutantenstorch, der in der assamesischen Sprache als Hargila oder „Knochenschlucker“ bekannt ist, als Zuflucht. Die Formen der Geselligkeit, die mit den Störchen entstanden sind, erzählen eine Geschichte des Überlebens und der Umnutzung von Raum inmitten des Scheiterns der Stadtplanung und der alltäglichen Überflutung der Stadt. Sie sind ein Zeichen dafür, wie in den Metropolen des globalen Südens Lebensräume entstehen.

An Amphibious Urbanism, 2023 – 2024

Fotografien Digitaldruck

Diejenigen, die in den feuchten Stadtrandgebieten leben, sind bereits in der Zukunft angekommen. Eine Existenz zwischen Potenzial und Ruin, zwischen Verelendung und Chance, zwischen dem, was passiert, und dem, was passieren könnte.

Unsere Vorstellungen vom Urbanen gehen vom Festen und vom Boden aus. Die Feuchte – und die Nässe – werden verdrängt. Jedoch sind Städte auf der ganzen Welt, von Berlin bis Bombay, von Chicago bis Kolkata, auf Feuchtgebieten gebaut. Der ungleiche Zugang zu Trinkwasser sowie die chronischen Überschwemmungen sind prägnante Dilemmata der zeitgenössischen Stadt, insbesondere angesichts des Klimawandels und des Versagens der Stadtplanung.

Dieses Projekt vermittelt eine neue Sichtweise auf die Metropole von heute, die sich auf das Amphibische konzentriert: das Leben (bios) in seiner Umgebung (amphi-). Anhand von Guwahati, einer Stadt mit 1,6 Millionen Einwohnern in Assam im Nordosten Indiens,

wird eine neue Politik der Stadtgestaltung aufgezeigt, bei der das Nass im Mittelpunkt steht.

Die Stadt dehnt sich aus, nicht durch Planung, sondern durch unkontrolliertes Wachstum: eine Autokonstruktion des Städtischen durch seine Bewohner. Feuchtgebiete werden nach und nach zugeschüttet. Die Entwässerungsinfrastruktur ist lückenhaft. Überschüssiges Wasser weicht aus und sammelt sich an anderer Stelle. Überschwemmungen sind endemisch.

Diejenigen, die in den nassen Randgebieten leben, sind ständigen Angriffen ausgesetzt, häufig um den Weg für einen spekulativen Wohnungsmarkt zu ebnen. Zwangsräumungen und Obdachlosigkeit sind zur Grammatik der Stadterweiterung geworden. Feuchtgebiete werden zu Mülldeponien gemacht: eine Form des molekularen Kolonialismus, der die Umgebung verseucht. Verunreinigungen befördern Algenwachstum und verursachen episodische Fischsterben. Die Lebensqualität leidet stark darunter. Die Fotografien zeigen Spiegelungen der zerklüfteten Haut der Stadt, einer Stadt unter ständigem Druck.

Zugleich eröffnet eine amphibische Betrachtung Potenziale für alternative Lebensmodelle. Die geraden Linien der Stadtplanung werden verwischt. Was zählt, sind generative Fehlschläge. Diejenigen, die sich den Angriffen des Nexus von Staat und Kapital ausgesetzt sehen, finden Wege, das Städtische anders zu gestalten. Die Bilder fordern den Betrachter auf, darüber nachzudenken, wie sich das Städtische verändern könnte. Ist es möglich, amphibisch zu werden – in den Elementen Luft und Wasser zu überleben -, in einer Zukunft zu leben, die bereits da ist?

An Amphibous Urbanism umfasst Fotografien der Stadt, welche durch die durchlässige und osmotische Oberfläche der Stadt aufgenommen wurden. Das Projekt basiert auf umfangreichen ethnografischen Recherchen in den Feuchtgebieten von Guwahati, an denen sich verschiedene menschliche und nicht-menschliche Gesprächspartner*Innen beteiligten.

Dieses Projekt wurde durch den Europäischen Forschungsrat Horizon 2020 Starting Grant Urban ecologies: rethinking nonhuman life in global cities project, Grant No. 759239) ermöglicht.

Mit freundlicher Unterstützung durch Akademie Schloss Solitude, Kunstverein Neuhausen, kunst [ ] klima, Rosspartner Werbetechnik, Ritter Sport, GEISTUNDGELD e.V., SV SparkassenVersicherung, Wüstenrot Stiftung und Kulturamt Stuttgart